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Das Schaffen der Malerin und Plastikerin Mara Ruehl erscheint auf den ersten Blick wie eine eigenwillige Fortsetzung der konkreten und konstruktiven Kunsttradition. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die Künstlerin bei der Anwendung durchaus vergleichbarer Methoden erheblich andere Absichten verfolgt. Die Verwendung abstrakt-geometrischer Bildbausteine dient bei Ruehl nur sehr bedingt der Konstruktion fester Gefüge. Ihr zentrales Thema ist vielmehr die grundsätzliche Veränderbarkeit aller Strukturen, welche der Mensch je entwickeln kann. Zumindest höchst fragwürdig findet sie die von orthodoxen Vertretern der konkreten Kunst aufgestellte Forderung nach Befreiung des Bildes von sämtlichen Naturbezügen, was selbstverständlich auch die indirekte Veranschaulichung menschlicher Emotionen einschließt.


Die Künstlerin geht da andere Wege, sie ringt um Bilder pulsierender, strömender Vitalität. Die klar begrenzten Elemente der abstrakten Geometrie scheinen bei ihr von innen heraus in Bewegung zu geraten, die Umrisse werden diffus, die Kanten runden sich. Die Bildoberfläche wird mit malerischen und plastischen Mitteln beseelt, Lineaturen vibrieren, Farbfelder gewinnen Körperlichkeit und emailartig schimmernden Glanz. Durch das geduldige Übereinanderlegen diverser hauchdünner Farbschichten wird eine weiche Flächenmodulation erreicht. Die angestrebte Belebung der starren, statischen Bildtafel führte Mara Ruehl zur Entwicklung von Malerei mit der Beigabe plastischer Elemente und zum Bau farbiger Reliefs. Die einem nachvollziehbaren System folgende Anordnung identischer Körper bildet geometrische Muster, das reihenweise Aufkleben mehr oder weniger gleichgestaltiger Holzplättchen oder Kunststoffwürfel bewirkt eine zusätzliche Rhythmisierung der Malfläche. Das zur Farbformorphose erweiterte Bild ermöglicht überdies eine reizvolle Nutzung des natürlichen Wechsels von Licht und Schatten.

Bernd Zachow

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 Fotografie: Max Etzold